25 Jahre Posaunenchor Steinach/Ens - Teil 1 |
(von Eckardt Maaß) |
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Liebe Gäste, liebe Posaunenchorfreunde! |
Wenn man ein Haus baut, ist viel zu bedenken, zu planen und zu tun. Es gibt viele Beteiligte, ohne die ein Vorhaben gar nicht gelingen kann. Mit diesem Vergleich im Gedächtnis, möchte ich mit Ihnen ein Haus betrachten, das vor 25 Jahren errichtet wurde. |
Die planerische Anfänge gehen auf das Ende des Jahres 1963 zurück. Zu der Zeit war Herr Kirchenrat Rusam hier Ortspfarrer. Viele ältere Gemeindeglieder werden sich noch gerne an ihn zurückerinnern. Manche Dinge zeugen noch heute von seinem Wirken und Schaffen in der Gemeinde. |
So war er es auch damals seine Idee, das Gemeindeleben zu bereichern und zu aktivieren. Evangelische Tradition der Schlichtheit sollte belebt werden. Deshalb trug er sich mit dem Gedanken, einen Posaunenchor ins Leben zu rufen. Er also der Bauherr, der sich nach einem Architekten umsah, der das Bauvorhaben verantwortlich leiten sollte. Sein besonderer Blick für die Gaben, die reichlich in einer Gemeinde vorhanden sind, lenkte seinen Blick auf den möglichen Architekten hin. Es war das Gemeindeglied Ludwig Göß. Ludwig Göß brachte genau die architektonischen Qualitäten mit, die dieser besondere Bau benötigte, nämlich Jahrzehnte lange Qualität auf diesem Fachgebiet, die Liebe zur Sache Musik, Besonnenheit in der Planung und menschliche Nähe zur Aufgabe. So trafen sich also zwei Idealisten, die sich rasch einig wurden. Ludwig Göß überschlug die Kosten für das Vorhaben und und Herr Kirchenrat Rusam sah sich nach den Konten um, die die erforderlichen Mittel hergaben. |
So lässt sich im Verkündbuch der Jahre 1963 und 1964 nachlesen, dass erstmals am 31.12.1963 die Kollekte für den neu zu gründenden Posaunenchor bestimmt war, wie auch die der Sonntage 1.1.64, 5.1.64, 9.2.64 und 16.2.64. Im März wurde dann eine Haussammlung für den Posaunenchor gestartet. Der Erlöser ergab immerhin die respektable Summe von 600,-- DM. Im August wurde das freiwillige Kirchgeld mit dem Erlös von 766,-- DM ebenfalls dem Posaunenchor zugeführt. Mit den Beträgen konnten Noten und Instrumente beschafft werden. Die Grundlagen der Finanzierung und Ausführung waren gegeben. |
Nun galt es, die rechten Handwerksleute zu finden, denn das war beschlossene Sache, es sollte ein schönes Haus werden, an dem die ganze Gemeinde sich freuen sollte. |
Ludwig Göß überlegte und war sich auch bald schlüssig, es sollten jüngere und ältere Handwerksleute der Gemeinden bedacht werden. Die Planungsphase war nun soweit abgeschlossen, man konnte an die Grundsteinlegung gehen. Ins Auge gefasste Handwerksleute (Bläser), die sich freiwillig meldeten, wurden von Ludwig Göß zu sich ins Haus nach Gallmersgarten eingeladen. |
Es war im Februar 1964. Sorgfältig wurde Handwerker für Handwerker ausgesucht. In der Küche bei Familie Göß, wohlig warm für diese kalte Winterzeit, trafen sich die eingeladenen Männer. Wohl gemerkt, damals war das ausschließlich bei uns Männersache. Zunächst wurde das Vorhaben in allen Einzelheiten gründlich durchgesprochen. Im Anschluss daran ging es an die Qualitätsüberprüfung. Das geschah in der Weise, dass sich Ludwig Göß jeden einzeln vorknöpfte. Peinlich genau wurden die besonderen Qualitäten der einzelnen Bewerber festgestellt und die Aufträge verteilt. Dazu ging es in die gute Stube, wo ein Flügelhorn bereitgelegt war. Alle mussten diesem Instrument Töne entlocken. Die übrigen saßen bei Mutter Göß in der Küche. Sie war eine bescheidene, aber munter plaudernde Frau, bei der das Verweilen nicht langweilig wurde. Der Hund hatte sich in der Küche am Ofen Platz gesucht. Er schlief einen guten Schlaf. War es musikalische Dickfälligkeit oder Gewöhnung an viele schräge Töne, die bei der Überprüfung so herausgequetscht wurden? Er jedenfalls hat das nicht preisgegeben, er hat geschlafen. |
Auf diese Weise mussten sie alle ran. Die Handwerker der ersten Stunde waren Erwin Bodendörfer, Alfred Härdtlein, Helmut Botsch, Helmut Ganzer, Helmut Vogel, Hans Botsch, Alfred Herrmann, Hans Goller, Bernhard Benz, Matthias Huprich, Fritz Hautum, Ludwig Beisbart und Hans Korder. |
Nun galt es, das Gebäude auf diese Grundmauern zu bauen. Fleißig wurden in dem hiesigen Dorfschulhaus, heute dieses schöne Gemeindehaus, im unteren Saal an der Aufbauarbeit geübt. Da mussten Notenkenntnisse vermittelt werden, da wurde am notwendigen und richtigen Ansatz gefeilt. An die Tafel wurden von Ludwig, wie er liebevoll, aber mit Respekt von allen genannt wurde, Noten geschrieben und der Fleiß der einzelnen Bläser damit abgeklopft. Keiner konnte sich vor dieser Anforderung drücken. |
Bei der heutigen Nachbetrachtung konnte nicht in Erfahrung gebracht werden, warum der Chorleiter gerade die Noten aus dem Lied "Wie groß ist des Allmächtgen Güte" wählte. Sollte dieser Lobpreis Gottes die Aufbauarbeit begleiten? Es war wohl so! |
Dies alles waren die ersten Belastungsproben sowohl für den Chorleiter als auch für die Bläser. Nur besonderer Fleiß und Ausdauer konnten das Gelingen günstig beeinflussen. Aber Ludwig Göß, ein wahrer Vollblutarchitekt, verstand es in hervorragender Weise, die verschiedenen Talente zu motivieren und für die Sache zu begeistern. Doch auch noch einmal soll an dieser Stelle der Bauherr erwähnt werden, der immer rechtzeitig die Geldmittel für die Noten und Instrumente beschaffte. |
So wurde in der Folgezeit Woche für Woche fleißig geübt. Der besondere Verdienst des Chorleiters bestand darin, dass er Jung und Alt in gleicher Weise für die Sache begeistern konnte. Zielstrebig arbeitete er auf das erste Auftreten des Posaunenchores hin. Mit viel Weitsicht suchte er frühzeitig Choräle aus, die der Botschaft des Sonntags dienten, aber auch die Bläser nicht überforderten. |
So wurde erstmals am Erntedankfest 1964 in der Kirche geblasen und das schuldenfrei, wie es Herr Kirchenrat Rusam schmunzelnd vor der Gemeinde am Anfang des Gottesdienstes erwähnte. Die zwei Choräle, die zum Vortrag kamen, "Oh, dass ich tausend Zungen hätte" und "Dir, dir Jehova will ich singen", sollten uns heute in der Nachbetrachtung, wie ich meine, mit Dank erfüllen. Mit großer Sorgfalt und Genauigkeit wurde dieser erste Auftritt geplant und vorbereitet. Innere klangliche Geschlossenheit wurde fleißig geübt. Kein Missklang in der Harmonie wurde von unserem Ludwig geduldet. Ja, unser Ludwig Göß war ein strenger Lehrer, aber, und das möchte ich hier heute besonders betonen, mit viel Weisheit und Einfühlungsvermögen zu dem einzelnen Bläser. Alles, was geblieben und ihn überlebt hat, wäre nicht so in seinem Bestand und seiner Substanz der Nachwelt erhalten, wenn es nicht so von Herzen geschaffen worden wäre, wie es der Ludwig tat. |
Auch dem äußeren Erscheinungsbild des Chores legte er seinen strengen Maßstab an. So wurde eine einheitliche dunkle Kleidung und weißes Hemd angesagt. Später kam dann noch eine dunkle Fliege dazu. |
Und dann war es soweit. Alle Gemüter der Beteiligten waren bis auf das Äußerste gespannt, als die Bläser im Altarraum am Erntedankfest zum ersten Choral ansetzten. |
Es war ein großer Tag für die Bläser, für den Dirigenten, aber auch für den Ortspfarrer, Herrn Kirchenrat Rusam. Dieser ließ es sich nicht nehmen, in seiner unvergessenen verbindlichen Art, die Gemeinde auf das Ereignis vor Beginn des Gottesdienstes hinzuweisen. Nach einem kurzen Orgelvorspiel begannen der Posaunenchor und die Gemeinde, Gott zu preisen, zu loben und zu danken. Ich meine, dazu war alle Planung, aller Fleiß der bis dahin vergangenen Zeit angelegt. Dieses Bewusstsein sollte sich heute bei diesem Rückblick wieder ganz neu in unser aller Herzen breit machen. Gott loben, das ist unser aller Amt. |
Bei aller Dankbarkeit für alle Talente, die zu diesem Gelingen beigetragen haben, sollten wir den nicht vergessen, der diese Talente ausgeteilt hat. Es ist der Herr, unser Gott. Zu seiner Ehre sollte das begonnene Werk weiter fortgeführt werden. Mit den Klängen der Posaunen und dem sie begleitenden Gesang sollen die Herzen der Menschen angerührt und erbaut werden, dem zu folgen, der der Mittler zwischen Gott und den Menschen ist: Jesus Christus. |
Ein Liedvers unseres Gesangbuches, von dem wohl bedeutendsten Dichter und Pfarrer Paul Gerhard, lautet: "Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad und ewge Quelle seist, daraus uns allen früh und spat viel Heil und Gutes fleußt. Was sind wir doch? Was haben wir auf dieser ganzen Erd, das uns, oh Vater nicht allein von dir gegeben werd." |
Mit diesen Worten erlebten Glaubens eines Gottesmannes möchte ich meinen Rückblick schließen. Dieser Vers lässt uns auf den blicken, dem wir alles, aber auch wirklich alles zu verdanken haben. |
Bei so einem Zurückblättern in die Vergangenheit kommt man nicht vorbei, Namen zu nennen, die in besonderer Weise die Sache, den Bau, den ich verglich, vorangetrieben haben. Wenn der Name Ludwig Göß dabei oft erwähnt wurde, so meine ich, wird es jeder der hier Anwesenden verstehen. Ohne die Persönlichkeit eines Ludwig Göß wäre der Chor nicht in einer so kurzen Aufbauphase zu einem viel beachteten Klangkörper gewachsen. Ohne Herrn Kirchenrat Rusam, dem Initiator und Vermittler der nötigen Finanzen, wäre aber der Bau ebenso wenig gelungen. Ohne die Gemeinde, die opferbereit war, hätten keine Instrumente und Noten gekauft werden können und letztlich ohne den Willen der Bläser, ihre Freizeit zu opfern und sich in den Dienst der Sache zu stellen, wäre der Bau nicht gelungen. |
Über allem aber hat einer seine Gnade walten lassen. Und ich meine, als christliche Festversammlung steht es uns gut an, wenn wir diesen Rückblick damit schließen, dem Brunn der Gnad die Ehre zu geben, die Hände zu falten und für dieses Werk unserem himmlischen Vater zu danken. |
Gebet: |
Ja, Du treuer, gegenwärtiger Gott, voller Staunen schauen wir zurück auf 25 Jahre Posaunenchor. Wir wollen Dir dafür danken, dass Du in Deiner Gemeinde Männer geweckt hast, die Gründung zu wagen. Wir danken Dir für die Menschen, die damals ihre Hände auftaten zum Geben. Wir danken Dir für die vielfältigen Talente, die es ermöglichten, die Arbeit des Posaunenchores über die Gründerzeit hinaus fort zu führen. Segne Du diese Arbeit auch weiterhin. Schenke Du Freudigkeit zum Blasen Deines Lobpreises in eine Welt, die das nicht mehr zu hören scheint und doch danach schreit. Dein Lob, lieber Herr, soll immerdar in unserem Munde sein. Amen. |
Eckardt Maaß |