25 Jahre Posaunenchor Steinach/Ens - Teil 2

(von Eckardt Maaß)

 
 

Habe ich im ersten Teil über die Entstehung des Posaunenchores berichtet, so möchte ich nun ein wenig mit Ihnen in der Chronik blättern.

 
So sei zuerst die Kameradschaft erwähnt und das aus dem Grund, weil sie von Beginn an so gut war. Junge und alte Bläser hatten ein freundliches Miteinander. Die Zügel wurden nicht zu locker aber auch nicht zu fest gehalten. Man konnte sich immer gut verständigen. So erinnere ich mich an die begeisterten Fußballanhänger unter den jungen und alten Bläsern. War ein interessantes Fußballspiel im Fernsehen angesagt, so begann die Spannung. Ich fungierte in dieser Zeit ein wenig als Mittelsmann zwischen Chor und Chorleiter. So sagte man mir zunächst vom wichtigen Spiel, das alle gern gesehen hätten, wenn nicht an dem Abend auch gleichzeitig Chorprobe wäre. Alle wussten, vom Fußball hielt unser Ludwig nichts. Meistens bekamen wir folgende Antwort zu hören: "So Fußball is. No der tuet uns nix. Die lasst mol schee springa. Blosn is viel wichtiger." Damit war dann zunächst alles gesagt. Nach der Probe gingen wir zwei, wenn was Wichtiges zu besprechen war, noch in das Wirtshaus auf ein Glas Bier. Hier gab er dann meist seine insgeheime Planung preis. Solche Gelegenheit nutzte ich dann, um ihm klar zu machen, dass man für den Fußball Verständnis haben müsse. Ich kann mich an keinen Fall erinnern, wo er hart geblieben wäre.
 
Aber nicht nur wir zwei trafen uns nach dem Blasen noch privat, auch die übrigen Bläser pflegten das zu tun.
 
Für meine Person muss ich sagen, dass zwischen dem Ludwig und mir eine innige Freundschaft wuchs, die bis zu seinem Tod nicht endete. Es gab nichts, was wir beide nicht besprachen. So durfte ich miterleben, wie er immer danach strebte, weitere Impulse in den Chor einzubringen. Der Nachwuchs war ihm ein besonderes Anliegen. So ist es eben Tatsache, dass er mehr als 40 Stücke für den Chor in eine einfachere Form umschrieb. Aus diesem Grund konnte sich der Posaunenchor bereits in den ersten fünf Jahren mit einem reichen Repertoire in der Öffentlichkeit sehen lassen. Das Volkslied stand oben an. Im Rückblick darf man dankbar feststellen: Der Chor wäre arm ohne dieses Liedgut.
 
Wie sehr dem Posaunenchor seine Aufmerksamkeit galt zeigte die Tatsache, dass er selbst im September 1968 im Krankenhaus Uffenheim acht Lieder für den Chor umschrieb. Selbst das Krankenlager konnte seine Schaffenskraft nicht einschränken. Während dieser Zeit konnten wir ihm dort schon recht selbstständig ein Ständchen aufspielen. Sehr zu seiner Freude und nicht ohne einen gewissen Stolz, als Zuhörer seines Werkes zu fungieren. Er hatte alles so aufgebaut, dass es weiter ging.
 
So musste noch vermerkt werden, dass ab der Kirchweih 1964 alle hohen kirchlichen Feste vom Posaunenchor mitgestaltet wurden. Besondere Vorspiele zu den Chorälen wurden geblasen, Intraden und schon schwierige Motetten und kirchenmusikalische Leckerbissen.
 
So war es denn bereits Silvester 1964, als die ersten Bläser um Mitternacht 'Nun danket alle Gott' spielten. Ich erinnere mich noch, dass während des Blasens das obere Amtszimmerfenster des Pfarrhauses geöffnet wurde und Kirchenrat Rusam das Geschehen betrachtete. Er wird sich über die Klänge gefreut haben. An diesem Abend wurde in Endsee und Steinach mit zwei Teilchören geblasen. Ich kann mich noch gut erinnern, dass sich die Steinacher Gruppe bei Gottlieb Gundel um 23:30 Uhr versammelte, um anzublasen. Überall also offene Häuser für die Bläser und alles sang an diesem Abend am ehem. Schulhaus, dem Plärrer von Steinach, mit.
 
Bereits 1965 wurde an Pfingsten geblasen. Es war ein Weckruf. Um 6:00 Uhr erscholl vom Erdhügel am erweiterten Wasserhaus in Endsee der Choral 'Wie schön leuchtet der Morgenstern'. Danach ging es in Steinach weiter. Im Anschluss daran ging es in den Gottesdienst, um die Gemeinde dort zu begleiten. Im Jahr darauf wurde in allen Ortschaften des Kirchspiels geblasen. Dazu wurde ein Hänger mit Maien geschmückt und schon waren wir mobil. Herzlich wurde dieser Weckruf aufgenommen. Applaus war der Lohn. In die Gründerzeit fiel auch der Beginn der Geburtstagsständchen. Es wurde beschlossen, zum 70., 75., 80., 85. und 90. Geburtstag zu blasen und dann jedes Jahr. Man konnte vielerorts die Freude merken, mit der die alten Menschen diese Ehre entgegennahmen.
 
Gerne erfüllten die Bläser auch die Pflicht, die Feierstunde am Kriegerdenkmal anlässlich des Volkstrauertages musikalisch zu umrahmen. Manche Träne füllte die Augen, wenn das Lied 'Vom guten Kameraden' aus der Trompete ertönte.
 
Die Chronik weist weiter auf:
- Weihnachtsfeier des Posaunenchores in der ehem. Schule mit guter Resonanz
- Wildschweinessen bei Serby, bezahlt aus der Gemeinschaftskasse
- Ausflug nach München zu Kirchenrat Rusam. Er war bereits im Ruhestand und gesundheitlich angeschlagen. Vom Balkon aus konnte er aber den Klängen der Posaunen lauschen. Dies war für alle Beteiligten ein schöner Tag und ein Gemeinschaftserlebnis.
 
Das teuerste Notenpapier haben Erwin Bodendörfer und ich im Frühjahr 1965 in Rothenburg gekauft. Es kostete ca. 1.000,-- DM. Wir hatten einen Autounfall infolge Straßenglätte bei Reichelshofen. Ein Teil der Kosten wurde jedoch durch Vermittlung von Herrn Kirchenrat Rusam von der kirchlichen Versicherung Eclesia übernommen.
 
Wer von den Bläsern erinnert sich nicht gerne an die Watzfelder Orgel? Keiner kannte sie wirklich, doch für alle war sie ein Begriff.
 
Das war nämlich der Ausdruck unseres Chorleiters Ludwig Göß, wenn die Misstöne überwiegten und man am liebsten davongelaufen wäre. Sein musikalisches, sensibles Gehör registrierte sofort, wenn etwas nicht harmonisch in den Tönen war. Er stampfte dann kräftig auf den Boden und rief: "Tsch, das klingt ja wie die Watzfelder Orgel!" Und alles Jungvolk lachte herzlich. Bei manchem Schlussakkord wurde von unserem unvergessenen Helmut Vogel in gekonnter Weise die 'Watzfelder' gespielt. Ihm genügte es, wenn Bernhard, Richard, Hansi und vielleicht auch wir Alten von Herzen lachten. Sein Gesicht blieb ungerührt. Ganz interessiert schaute er in seine Noten. Ja solange, bis Ludwig durch einen beharrlichen Blick seitlich durch seine zusammengekniffenen Augen auf ihn schaute und er nicht mehr anders konnte, als auch zu lachen und zuzugeben, dass er das wohl gewesen ist.
 
Wenn es manchmal nicht so klappte, wie unser Ludwig es haben wollte, ging er mal kurz hinaus, puderte seine dritten Zähne, kam wieder hinein, nahm seine Trompete und der Botscher Hans konnte sich nicht die Bemerkung verkneifen: "Des is a Strahl. Sou muss des danne. Do kennt ihr eich a Scheim oschneidn."
 
Wenn die Kondition nach einem anstrengenden Tag nachließ, dann meldete sich die Jugend und bat um das Lied 'Es ist genug'. Auf diese Bemerkung hin musste er lachen, denn das war eine Geschichte, die er uns von seinen Söhnen erzählt hat. Ich meine, es war der Hermann, der diesen Ausspruch getan hatte.
 
Auch meine jetzt, es ist genug. Sicherlich konnte nicht alles gestreift werden. Ich meine aber, dass dies auch nicht notwendig ist. Auch ein Stück Vergangenheit kann erfreuen, wenn sie lebendig war und das meine ich, war sie seit der Gründung des Posaunenchores.
 
Was es sonst noch aus jüngster Zeit zu berichten gibt, erzählt uns ein Jüngerer, dem ich jetzt gerne Platz mache.
 
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
 
Eckardt Maaß
  

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