25 Jahre Posaunenchor Steinach/Ens

Nach 1974

(von Erich Korder und Gert Krauß)

 
 

Liebe aktive und ehemalige Bläser, liebe Gäste und Freunde des Posaunenchores!

 
Die Frage ist erlaubt: "Warum gerade 'nach 1974'?". Nun - zum einen war dies das Jahr, an dem - wie gehört - Herr Maaß seine aktive Zeit beendete, zum anderen war 1974 aber auch das Jahr, in dem sich das Musikleben in der Gemeinde deutlich veränderte, weil die Blaskapelle Steinach/Ens gegründet wurde. Für diesen neuen Verein war der Posaunenchor gewissermaßen der "Ziehvater", denn ohne Posaunenchor hätte es - zumindest zu diesem Zeitpunkt - keine Blaskapelle gegeben und zudem hätte sich diese nicht so schnell zu dem erfolgreichen Musikverein entwickelt, der sie heute ist. Die Gründe für die Bildung der Blaskapelle waren nach meinem Dafürhalten vor allem folgende zwei:
 
1. Im damaligen Posaunenchor waren unter den naturgemäß musikbegeisterten Bläsern der Gemeinde viele, die über die Chormusik hinaus mit der Volksmusik bzw. volkstümlichen Musik sympathisierten.
 
2. Gerade diese Bläser hatten in Chorleiter und Architekt Ludwig Göß einen starken Befürworter dieser zusätzlichen musikalischen Betätigung, war dies doch eigentlich sein Metier, das er von Jugend auf gelernt und praktiziert hatte.
 
Dies zeigt sich auch darin, dass er schon im Februar 1969 den ersten Marsch für den noch jungen Posaunenchor geschrieben hatte, zu einer Zeit also, wo bestimmt noch niemand einen Gedanken an eine Blaskapelle gehabt hat. Dass er damit auch die Qualität und die Spielkultur des Chores verbessern wollte, kam mir in den Sinn, als im November letzten Jahres unser Bezirksdirigent Herr Hans Reichert auf der Chorleiter- und Obmannversammlung den Chören das Blasen von Märschen zur Qualitätsverbesserung wärmstens empfahl.
 
Die Blaskapelle Steinach ist also weder eine Fortführung noch eine Umbenennung des Posaunenchores, sondern ein neuer, zusätzlicher Verein, der in keiner Weise den Posaunenchor verdrängt oder etwa überflüssig gemacht hat und in diesem Sinn wird und wurde sie bis heute auch geführt. Es gilt vielmehr das Gegenteil: Die Gründer der Blaskapelle (stv. E. Bodendörfer, L. Göß) haben dafür gesorgt - und das rechne ich persönlich ihnen sehr hoch an - dass keine Vernachlässigung der Aufgaben des Posaunenchores eintreten kann, heißt es doch in § 3 der Satzung der Blaskapelle u.a.: "... Ferner sind die aktiven Mitglieder (mit geeignetem Instrument) verpflichtet, bei sämtlichen Auftritten und Proben des Posaunenchores Steinach/Ens mitzuwirken."
 
Ich hoffe und wünsche, dass dieser Vorgabe auch in Zukunft Folge geleistet wird, im einen oder anderen Fall vielleicht noch etwas besser oder vollzähliger.
 
Dieser erwähnte Satzungs-Passus hat natürlich für den Posaunenchor auch einen weiteren nicht zu unterschätzenden Vorteil: Er braucht sich um Nachwuchsarbeit weder zu sorgen, noch zu kümmern, denn die von der Blaskapelle "herangezogenen" Neulinge sind automatisch Posaunenchormitglieder. Außerdem - und das ist ebenfalls sehr wichtig - kommt alles, was in den Blaskapellenproben erarbeitet wird, wie Ansatz, Spielkultur, Technik o.ä. doch auch stets dem Posaunenchorblasen zugute.
 
Soviel zum Jahr 1974 und zugehörige Auswirkungen. D.h., eigentlich gehört der folgende Punkt auch noch zu den besagten Auswirkungen: Gab es im Jahr 1974 noch einige reine Posaunenbläser, also solche, die nicht in der Blaskapelle mitspielten, wurden diese von Jahr zu Jahr weniger. Ursächlich dafür waren z.T. berufliche oder Altersgründe, z.T. aber auch die Tatsache, dass im Laufe der Zeit die reinen Posaunenchorproben immer weniger wurden und die Posaunenchor-Einstudierungen immer mehr in den Blaskapellen-Proben vorgenommen wurden. Dies meine ich, ist aber auch ein bisschen verständlich, wäre doch eine dauerhafte Einrichtung von zwei Proben in der Woche bei all den weiteren Verpflichtungen, die uns aus unserer Musik erwachsen, den Bläsern und vor allem auch den Angehörigen nicht zuzumuten. (Als letzter ging Helmut Botsch Ende der 70er Jahre).
 
Nun - 1974 war unser Chorleiter Ludwig Göß bereits 64 Jahre alt und Alters- und vor allem gesundheitliche Gründe waren es dann, die ihn wenige Jahre später dazu zwangen, sich Gedanken über seine Nachfolge zu machen. So wurde dann am Sonntag, den 6. März 1977 in einem feierlichen Gottesdienst Herrn Göß für seine Tätigkeit und seine große Leistung beim Aufbau des Posaunenchores gedankt und der Dirigentenstab an Hans Huprich übergeben. Dieser war geradezu prädestiniert, dieses Amt im Sinne von Herrn Göß weiterzuführen, hatte er doch seit früher Kindheit Musikunterricht bei Herrn Göß gehabt und außerdem als Gründungsmitglied die Entwicklung des Posaunenchores miterlebt - ein Mann mit Musik im Blut, gerade richtig für dieses Amt. Und so wie fast alle hier anwesenden ehemaligen und aktiven Bläser Herrn Ludwig Göß große Dankbarkeit für Aus- und Weiterbildung in der Musik entgegenzubringen haben, möchte ich an dieser Stelle auch Hans Huprich für seine zuverlässige Arbeit und seinen geleisteten Dienst am Posaunenchor in der 2. Hälfte seines Bestehens ganz herzlich danken und ihm auch weiterhin alles Gute und Gottes Segen für dieses Amt wünschen.
 
Wie es der Lauf der Zeit leider ist, noch im selben Jahr, am 8. Mai 1977 verstarb der Bauherr und Gründer des Posaunenchores, Herr Kirchenrat Rusam. Dreieinhalb Jahre später, am 22. November 1980, folgte ihm der Architekt und Chorleiter, Herr Ludwig Göß. Von beiden "Vätern des Posaunenchores" verabschiedeten sich die Bläser am Grab musikalisch, das ehrende und dankbare Gedenken an sie ist - wie man heute gesehen hat - geblieben. Wir werden auch morgen nach dem Gottesdienst an den Gräbern Ihrer gedenken.
 
Nun - was tat der Posaunenchor Steinach/Ens in den letzten 10 Jahren? Man kann sagen: Im wesentlichen nichts anderes als andere Posaunenchöre auch. Zwei besondere Ereignisse seien herausgestellt: Zum einen sind die ab Mitte der 80er Jahre veranstalteten Weihnachtskonzerte in der Rothenburger St. Jakobskirche, an der sich alle Chöre des Dekanats beteiligen, immer sehr eindrucksvoll für Bläser und Hörer, zum anderes führte am 27. Dezember 1987 unser Chor allein ein etwa einstündiges Weihnachtskonzert in der Steinacher Kirche durch. Gerade diese Weihnachtskonzerte forderten von uns über das normale hinausgehende Probenzeit, da wir unser weitaus mehr vertrautes Blaskapellenterrain verließen. Besonderer Erwähnung wert ist mit Sicherheit die "Alte Herrnhuter Musik", die wir anlässlich eines dieser Konzerte aufführten, wobei uns von Ohrenzeugen bescheinigt wurde, sie hätten dieses Stück noch nie in einem solch atemberaubenden Tempo gehört. Auch andere Stücke, die wir an diesen Weihnachtskonzerten spielten, sind gut angekommen und vor allem das Steinacher Konzert wurde von der Gemeinde recht zahlreich besucht und ist als großer Erfolg zu werten.
 
Neben diesen herausragenden Ereignissen besteht die Posaunenchorarbeit im wesentlichen aus zwei großen Säulen, dem Umrahmen von Festgottesdiensten (ca. 8 - 10 im Jahr)  - auch bei Besuchen aus dem Waldheim oder sonstigen besonderen Anlässen in der Gemeinde sowie dem Blasen von Ständchen bei Geburtstagen oder bei Goldenen Hochzeiten unserer älteren Gemeindeglieder (ca. 20 - 25 pro Jahr). Der Modus der Ständchen hat sich nach wie vor nicht geändert. Wir überbringen die Glückwünsche im Auftrag der Kirchengemeinde zum 70., 75., 80., 85. und ab 90 jeden Geburtstag, ebenso zu Goldenen Hochzeiten. Dass der Posaunenchor jeweils unaufgefordert, automatisch und kostenlos zum Ständchen antritt, möchte ich dabei besonders betonen, um evtl. bestehende, anders lautende Meinungen zu korrigieren. Es ist auch schon vorgekommen, dass wir vollzählig da waren, nur der Jubilar war fort, eine für beide Parteien unbefriedigende Tatsache, die sich durch kurze, vorherige Kontaktaufnahme mit einem Posaunenchormitglied - in jedem Gemeindeteil ist mindestens eines vorhanden - vermeiden ließe.
 
Manches Ständchen ruft zwar beim einen oder anderen Bläser mitunter nicht gerade Begeisterung hervor, weil schon wieder zu einem Auftritt gerufen wird, wo man doch erst am Freitagabend Probe hatte, am Sonntagmorgen in der Kirche gespielt und am Sonntagnachmittag im Bierzelt geblasen hat. Und nun soll man auch noch an diesem Montag - aber na ja, man macht es zur Freude der Betroffenen trotzdem.
 
Ein etwas düsteres Kapitel betrifft den Bezirkschor. Dessen Proben, meist am Donnerstag angesetzt, erfreuen sich bei unseren Bläsern nicht immer der allergrößten Beliebtheit, um die Sachlage vorsichtig zu umschreiben. Der Donnerstag ist aber für uns auch nicht gerade glücklich, weil erstens an diesem Tag auch die ELJ ihre regelmäßige Zusammenkunft hat und viele unserer Bläser dort aktiv sind und weil zweitens am Freitag ja schon wieder Probe ist. So trifft man jahrein, jahraus immer nur wenige und meist dieselben Steinacher in den Bezirksproben, wobei allerdings gesagt werden muss, dass in den letzten Jahren kaum eine Bezirksprobe ganz ohne Steinacher Beteiligung abgehalten worden ist. Außerdem erfüllt der Posaunenchor Steinach nach wie vor seine Aufgaben beim Blasen im Altersheim und im Krankenhaus, wobei die Aktion im neu erbauten Rothenburger Krankenhaus jedes mal eine größere Sache ist, denn es muss ja nunmehr auf drei Etagen geblasen werden. Auch beim alljährlichen Blasen auf dem Marktplatz in Rothenburg am Sonntag Kantate beteiligen sich immer auch Steinacher Bläser, wogegen das Erntedankkonzert wegen gleichzeitig stattfindendem Festgottesdienst in Steinach nicht mit geblasen werden kann.
 
Neben diesen mehr arbeitstechnischen Begebenheiten kommt natürlich - wie gehört - seit Gründung des Posaunenchores auch die Geselligkeit nicht zu kurz. So ist z.B. das alljährliche Grillfest und auch das Spanferkelessen bereits zur Tradition geworden und erfreut sich immer noch großer Beliebtheit, so dass die Bläser für ihre geleistete Arbeit durch wohlverdiente Gaumenfreuden ein bisschen entschädigt werden können.
 
Zum Schluss möchte ich nun noch dem Posaunenchor für die Zukunft alles Gute und Gottes Segen wünschen. Möge der Posaunenchor auch weiterhin Bläser und vielleicht auch mal Bläserinnen haben, die ihren musikalischen Dienst gerne zur Freude ihrer Mitmenschen und zur Ehre Gottes ausüben, so dass auch das 50-jähr. Bestehen mit möglichst allen aus diesem Kreis in ähnlich gutem Klima und Harmonie gefeiert werden kann.
 
Steinsfeld, im Juli 1990
 
 
Erich Korder 
Gert Krauß
  

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